
Revolutionary Roadläuft gerade in den Kinos mit Kate Winslet und Leonardo DiCaprio in den Hauptrollen, dem Traumpaar aus
Titanic. Regie führt Winslets Ehemann Sam Mendes. Wenn man der Presse glauben darf, hat sie ihren Mann dazu bewegt, diesen Film zu machen, weil ihr das Buch so am Herzen liegt.
Der Roman aus dem Jahr 1961 war der Erstling des hochgelobten aber vergleichsweise erfolglosen amerikanischen Autors Richard Yates.
Es geht um die Wheelers, ein Ehepaar, das an der eigenen Eitelkeiten zu Grunde geht, indem es sich einen erbarmungslosen Ehekrieg führt. Erbarmungslos geht auch der Autor mit seinen Romanfiguren um, indem er die innere Leere dieser Menschen schonungslose offenbart. Dieses Ehepaar sucht nach einem diffusen Glück, von dem es nicht weiß wie es aussehen könnte. Nur eines scheint ihnen sicher, nämlich ihr Familienleben mit zwei Kindern im eigenen Häuschen in einer New Yorker Vorstadt nicht das ist, worauf es ihnen im Leben wirklich ankommt.
Frank und April Wheeler sind gefangen in den Rollen, die sie sich gegenseitig zugedacht haben. In ihrem unausgegorenen Plan, nach Europa auszuwandern, versinnbildlicht sich ihre Unfähigkeit, dem Lebensgefühl ihrer Epoche etwas Eigenes, Echtes entgegenzusetzen. Der Plan muss scheitern, und damit auch die Ehe. Beiden fehlt das, was sie vom jeweils anderen so sehr erhoffen, der Zugang zu eigenen, echten Gefühlen, fernab von Pose und Heuchelei, und das gesunde Selbstbewusstsein.
Was bleibt, wenn zwei Menschen merken, dass ihnen ihr Leben entgleitet und nichts mehr da ist, womit sie sich wirklich identifizieren können, das demonstriert dieser Roman: Hass und Selbstzerstörung.
Die Klasse des Romans steht außer Frage. Das Ehedrama wird auf eindringliche, differenzierte Weise geschildert. Dabei ist die Geschichte nicht mit den amerikanischen Fünfzigern verhaftet. Das psychologische Drama der Wheelers könnte sich vor einem anderen Hintergrund heute genau so ereignen. Im Grunde geht es darum, wie eine seelenlose Kindheit im Erwachsenenleben eins Ehepaars fortwirkt. Beide haben in ihrer Erziehung offenbar nichts mitbekommen woran sie sich hätten orientieren können. April hütet wie einen Schatz die wenigen Erinnerungen an ihre Eltern, die sie früh weggegeben haben. Frank hat in seinem Vater nie einen Menschen sehen können, zu dem er hätte aufschauen, an dem er sich hätte ausrichten können. Was beide früher nicht bekommen haben, können sie sich gegenseitig in der Ehe auch nicht geben.
Gerade die Qualitäten des Romans machen die Lektüre zu einem bedrückenden, um nicht zu sagen frustrierenden Erlebnis. Hier gibt es keinen Hoffnungsschimmer, schon gar keine Ausweg. Manchmal scheint es, als habe der Autor eine grausame Freude daran gefunden, den amerikanischen Durchschnittsbürger bloßzustellen. Aber dabei überschreitet er nie die Grenze zur Satire, sondern bleibt stets realistisch. Und damit wird es für den Leser unmöglich, eine wohltuende Distanz zwischen sich und dem Erzählten aufzubauen. Das Lachen bleibt ihm im Halse stecken.
Vielleicht ist diese Schonungslosigkeit auch einer der Gründe, warum dem Autor der ganz große Durchbruch zu Lebzeiten verwehrt geblieben ist. Der Roman ist zu dicht dran am echten Leben, als dass er als Unterhaltungslektüre durchgehen könnte. Er erfüllt seinen Zweck eher dann, wenn man sich mit ihm auseinandersetzt, ihn als Spiegel fürs eigene Dasein benutzt, oder einfach, wenn man ihn als Anregung zum Nachdenken sieht.
Natürlich wäre aus einem solchen Stoff ein Film mit Intensität und Atmosphäre machbar gewesen. Sam Mendes ist das nicht gelungen. Seine Hauptdarsteller spielen gut, ja, und sie scheinen die Idealbesetzungen zu sein. Genau so muss man sich Frank und April Wheeler wohl vorstellen. Aber dem Film fehlt jeder Schwung bei der Umsetzung vom Buch auf die Leinwand. Die Romanhandlung ist fast eins zu eins umgesetzt, aber sie bekommt auf der Leinwand kein Leben eingehaucht. In den ersten zwei Dritteln ist der Film fast langweilig und gewinnt dann nur deshalb an Fahrt, weil das Ehedrama unweigerlich seinem Finale entgegensteuert.
Für mich ist das ein Film, der viel zu sehr Papier geblieben ist. Die Macht der Bilder kann sich nicht entfalten. Die Fünfzigerjahre-Kulisse wirkt wie eine Bühnendekoration, einfallslos in Szene gesetzt. Einen solchen Film können auch die Hauptdarsteller leider nicht retten.
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