Sonntag, 22. Juli 2007

Haruki Murakami: Gefährliche Geliebte

Haruki Murakami: Gefährliche Geliebte Auf der Vorderseite des Buchdeckels wird Reich-Ranicki zitiert: Ein hoch erotischer Roman. Ich habe eine solche Liebesszene seit Jahren nicht mehr gelesen. Reich-Ranickis Erotik muss sich hauptsächlich im Kopf abspielen, denn auf den Seiten dieses Romans ist sie nicht zu finden. Die deutsche Ausgabe ist aus dem Englischen übersetzt, die Englische wiederum aus dem Japanischen. Vielleicht ist die Erotik ja irgendwo beim Übersetzen verloren gegangen. Und doch hat dieser Roman Millionen auf der ganzen Welt bezaubert hat. Wir zählen inzwischen die siebzehnte deutsche Ausgabe, und es geht weiter. Woran liegt das?

Es ist nun einmal so: Der gemeine Leser muss lesen und für gut finden, was ihm von Presse und Kritik für gut verkauft wird, und was ganz vorne in den Bücherregalen steht. Wie soll er sich auch selbst zurecht finden im Bücherdschungel? Wenn dies nun Murakami ist, dann ist das einfach so, denn Murakami ist Murakami, den kennt man, und der ist ja so gut! Aber was haben wir denn da eigentlich vor uns liegen, wenn wir etwas genauer hinschauen?

Wir haben Shimamoto, die hinkende Jugendliebe eines jungen Japaners. Sie soll irgend etwas Geheimnisvolles haben, aber was, bleibt nur angedeutet. Die Jugendliebe verschwindet und taucht später wieder auf. Sie hinkt nicht mehr, weil sie sich hat operieren lassen, aber der Roman hinkt weiter. Uns wird erklärt, dass diese Frau nichts von ihrer Vergangenheit erzählt, immer mal wieder eine Zeitlang verschwindet, um dann wahrscheinlich wiederzukommen. Es wird versucht, dieses Banale Vokabular: eine Zeitlang ... vielleicht ... mit Bedeutung aufzuladen. Schließlich ist sie ja die große Liebe des Erzählers, und deshalb muss sie einfach geheimnisvoll sein. Aber die gefährliche Geliebte Shimamoto bleibt ein flacher Charakter, unglaubwürdig, ohne echtes Leben. Die Geschichte wirkt ausgedacht, auf den Effekt hin aufgebaut. Die üblichen dramaturgischen Tricks werden aufgefahren, um Romantik zu suggerieren: Gemeinsam Musik trinken, Cocktails schlürfen, den Inhalt einer Urne über dem Wasser verstreuen, mal schnell sterbenskrank werden und dann vom Geliebten gerettet werden, den gemeinsamen Freitod planen und so weiter ...

Das hat es alles schon gegeben, und zwar besser, und mit glaubhafteren Charakteren. Aber es verkauft sich gut, also kann es doch so schlecht nicht sein, oder?

Übrigens: Die Frage, welches Schicksal die Gefährliche Geliebte denn nun in ihrem Leben erfahren hat, wird nicht beantwortet. Der Leser darf Rätseln und Tiefsinn vermuten, wo keiner ist. Somit finden wir nicht nur keine Erotik, wir finden nicht einmal die Auflösung, also auch keine Befriedigung.

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